
- Datum
- 12.06.2007
- Ort
- Vortragssaal Reinhold-Frank-Str.81 / Vordergebäude
Shoah und Pin Ups. Der NO!-Artist Boris Lurie
Filmpräsentation. Reinhild Dettmer-Finke in Zusammenarbeit mit Matthias Reichelt
Shoah und Pin Ups. Der NO!-Artist Boris Lurie »SHOAH und Pin Ups erzählt von einem Tabubruch, den der 80-jährige New Yorker NO!-Artist Boris Lurie begeht. Er bringt in seiner Kunst zusammen, was nicht zusammen gehören darf: Die Vergasten und die Nackten, die Shoah und die Pin Ups. Es ist keine perverse Kunst, sondern Ausdruck einer perversen Gesellschaft, findet Lurie und spannt einen Bogen von der Shoah zum Irakkrieg. Dabei hätte er gerne Angenehmes gemalt, so wie die Impressionisten. Aber etwas hat ihn immer daran gehindert. Diesem Etwas gilt die filmische Spurensuche von Reinhild Dettmer-Finke und Matthias Reichelt. Am Dienstag, 12. Juni, um 19 Uhr zeigen sie ihren Film in der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. An die Filmpräsentation schließt sich eine Diskussion mit Professor Dr. Klaus Theweleit an.
Der Streifen führt über Riga und Buchenwald ins New York der 50er und 60er Jahre, als die NO!-Art als Gegenspielerin zur Pop-Art entstand. Boris Luries NO! ist Programm: NO! zu den Erwartungen des Kunstmarktes. NO! Zur bürgerlichen Wohlanständigkeit. NO! Zur erwarteten Opfermentalität. Der Film ist ein Beitrag über die zeitlos aktuellen Fragen des Erinnerns und des künstlerischen Umgangs besonders mit der Judenvernichtung.
Klaus Theweleit, Professor für Kunst und Theorie an der Karlsruher Kunstakademie, betrachtet den Film als ein Lehrstück über den Umgang mit Vergangenheiten überhaupt: Es ist nicht einfach ein Interviewfilm, sondern die filmische Vergegenwärtigung eines Lebens, das aus dem Ghetto von Riga und den Lagern Stutthof und Buchenwald, die Lurie mit seinem Vater überlebt, ins Nachkriegsdeutschland und dann nach New York führt. Für Theweleit ist es ein Zusammenstoß mit der Neuen Welt, der in die Pop-Moderne explodierenden Metropole New York. Es ist ein Zusammenprall der politischen Lebensgeschichten und Lebensformen Osteuropas und Amerikas, für dessen Erleichterung oder Lösung Lurie nur die Lebensform Kunst zur Verfügung steht. Die Fotos der Pin Up-Girls, mit denen er die Wände seines winzigen Apartments auf der Lower East Side tapeziert, wandern in seine Bilder und mischen sich dort mit den Fetzen der KZ-Geschichte, die er zu verdrängen sucht, die sich aber immer wieder vordrängt. Wie all dies im nun 80-Jährigen NO!-Artisten vorliegt, entfaltet der Film in eindrucksvollster Weise.(Theweleit)
Mehr Infos unter: www.borislurie-derfilm.de, www.defi-filmproduktion.de