
- Datum
- 05.05.2004
- Ort
- Vortragssaal Reinhold-Frank-Str.81 / Vordergebäude
Das Werk entfernen, heißt es zu zerstören. Über die Orte von Kunst
Dr. habil. Rainer Metzger, Wien
To remove the work means to destroy it: Dieser Satz stammt von Richard Serra, dem us-amerikanischen Plastiker und Erfinder großdimensionierter Stahlobjekte. Eines der Werke, die ihn bekannt gemacht hatten,Tilted Arc, war im Jahr 1981 auf einem Platz in Lower Manhattan aufgestellt werden. Nun sollte es auf Geheiß des seinerzeitigen Auftraggebers wieder entfernt werden. Das Werk aber, so führte Serra aus, sei für diese und für keine andere Stelle entworfen. Es gehöre genau hierher, denn es funktioniere eben ortsspezifisch.
Knapp 200 Jahre früher bringt Antoine Chrisostome Quatremère de Quincy, Kunstfunktionär, Kritiker und eine der Leitfiguren der französischen Antiken-Rezeption um 1800, sein eigenes Unbehagen auf einen Begriff, der demjenigen Serras ziemlich verwandt ist. ¡Zu trennen bedeutet zu zerstören/diviser c'est détruire, argumentiert Quatremère. Auch bei ihm geht es um die Gefahr, dass Kunst den Ort, mit dem sie auf die organischste Art und Weise verbunden scheint, verlassen muss. Dem großen Museum Rom drohte die Zerlegung, denn Napoleons siegreiche Truppen überführten die vor allem antiken Kostbarkeiten ins neue Weltmuseum Louvre.
Die Beobachtung, dass sich über zwei Jahrhunderte hinweg die Argumente ähneln, ist Grundlage des Vortrags. Beide Quatremère wie Serra, haben den gleichen Gegner, das Prinzip Abtransport. Und sie haben in durchaus gleichem Maß die Vorstellung einer Zusammengehörigkeit von Kunst und Ort. Der Vortrag fragt, auch in Hinblick auf einen gerade ausgerufenen Spatial Turn in den Wissensformationen, was davon zu halten ist. (Rainer Metzger)