
- Datum
- 12.01.2017
- Ort
- Vortragssaal Reinhold-Frank-Str.81 / Vordergebäude
Werkvortrag. Daniel Knorr
Der Künstler Daniel Knorr besucht am Donnerstag, 12. Januar 2017, die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Er stellt um 19 Uhr im Vortragssaal sein Werl vor. Der gebürtige Rumäne, der mit 14 Jahren nach Deutschland kam, lebt seit 1998 in Berlin. Mit seinen markanten Setzungen wird er auf internationale Großausstellungen und Biennalen eingeladen. Seinen größten Auftritt aber hatte Knorr vor elf Jahren in Venedig mit dem rumänischen Pavillon, den er einfach entleerte und nur einen Reader zum Thema Europa verteilte. Auf diese Weise konfrontierte er das Publikum mit Rumänien als weißem Fleck.
Auf die Frage, warum er Künstler wurde, hat Daniel Knorr eine schnelle Antwort parat: weil ihm dieser Beruf die größte Freiheit erlaube. Aufgewachsen in einer Diktatur, hat der gebürtige Bukarester ein ausgeprägtes Gespür dafür, wo Beschränkungen beginnen, ab wann Staat und Öffentlichkeit auf den Einzelnen einzuwirken versuchen. Für ihn gehört das zunehmende Rauchverbot zu solchen Reglementierungen, an denen die Liberalität an ihre Grenzen stößt. Der Nichtraucher Knorr mag das ganz und gar nicht. Mit einem einfachen Kniff hat der Künstler diese Schranke aufgehoben: Mitten in die Bremer Kunsthalle ließ er eine gewöhnliche Raucherkabine einbauen, wie sie auch auf Bahnhöfen und Flughäfen zu finden ist. Dazu entwickelte er ein Schilderleitsystem mit einer Zigarette als Symbol, das den Besucher durch die Ausstellung bis zur Raucherecke führt. Knorr dreht den Spieß um, indem er für das verbotene Vergnügen eine Zone der Gesetzesfreiheit schafft – mitten im Museum. Die heitere Seite dieses anarchischen Eingriffs in den üblichen Ausstellungsbetrieb erhält dadurch noch ihre Steigerung, dass die Raucher selbst wie Exponate in einer Glasvitrine wirken. Das rundum wandelnde Publikum bestaunt sie wie seltene Exemplare in einem naturhistorischen Museum. Doch Knorr hatte noch anderes im Sinn mit seiner Intervention mitten im Liebermann-Saal, dessen Motive bürgerliche Behaglichkeit ausstrahlen. Er erinnert an Bremen als die Stadt des Tabak-Collegiums: Noch aus Zeiten des einst blühenden Tabakhandels hat sich diese Einrichtung bis heute bewahrt, ein Raucherclub für Männer der gehobenen Art, der Wirtschaftsbosse wie Josef Ackermann zu seinen Mitgliedern zählt und sich drei Mal jährlich trifft. Auch hier greift das Ausschlussprinzip, nur gehört das aktive Rauchen zu den Regularien. Der blaue Dunst dient umgekehrt der Distinktion. (Text: Nicola Kuhn Tagesspiegel)